Terminologie-Management, Content-Management und Translation-Management, drei zentrale Instrumente der Technischen Redaktion. In diesem Beitrag  (Vortrag an der tekom-Jahrestagung 2013, Wiesbaden, Deutschland, 07.11.2013) sollen ihre Interdependenzen und ihre Notwendigkeit in einer modernen Technischen Redaktion dargestellt werden.

Diese Elemente bzw. die dahinter stehenden Datenbanken werden oft sehr ausführlich, jedoch nicht oft genug im Zusammenhang beleuchtet. Demzufolge werden ihre Auswirkungen aufeinander bzw. ihre gegenseitigen Abhängigkeiten, die sogenannten Interdependenzen, nicht ausreichend diskutiert. Folglich wundert die noch vorherrschende Meinung nicht, dass bereits eines dieser Elemente genüge, um den Qualitätsansprüchen an die mehrsprachige Technische Dokumentation gerecht zu werden.

Kurze Begriffserklärung

Terminologie
Gesamtbestand der Begriffe und ihre Benennungen in einem Fachgebiet (Definition aus DIN 2341).

Terminologieverwaltungssystem (TVS)
Software, die speziell für die Verwaltung sprachlicher Datenbestände und für die Nutzung innerhalb der Technischen Redaktion, bei der Übersetzung und bei der Terminologiearbeit konzipiert ist. (Definition vgl. Prof. Dr. Klaus Schmitz)

Content-Management-System (CMS)
Redaktionssystem, in dem Textbausteine medienunabhängig, modular und mehrsprachig verwaltet und gepflegt werden.

Translation-Memory (TM)
Eine Datenbank, in der bereits übersetzte Textsegmente zweisprachig gespeichert werden und bei erneuter Übersetzung zu 100% oder teilweise wiederverwendet werden können.

Interdependenzen

  • Je einheitlicher die Terminologie ist, desto konsistenter werden die Inhalte des CMS und des TM und schließlich der finalen Dokumentation.
  • Je konsistenter die Module erstellt sind (Textaufbau, Satzbau, Zeichensetzung usw.) und konsequent in der Dokumentation eingebaut werden und je genauer auf einheitliche Terminologie geachtet wird, desto weniger muss revidiert und übersetzt werden.
  • Je konsistenter die Terminologie und die gespeicherten Segmentpaare im TM sind, desto höher steigt die Wiederverwendungsrate im Übersetzungsprozess.

Abb. 1: Interdependenzen 

Drei mögliche Szenarien 

Abb. 2: Drei Szenarien zur Veranschaulichung der Interdependenzen

Szenario 1 – Nur CMS im Einsatz

  • Die Technische Dokumentation ist in einem CMS modular aufgebaut: Jeder Textbaustein muss nur ein einziges Mal «angefasst» und übersetzt werden.
  • Es gibt keine (strukturierte) Terminologiearbeit, kein TVS und die verwendete Terminologie.
  • Im Übersetzungsprozess wird kein TM eingesetzt:

Folge

  • Neue/ähnliche Textbausteine werden jedes Mal vollkommen neu übersetzt.
  • Sätze, Textpassagen oder Dateien, die bereits einmal übersetzt wurden, werden bereits beim zweiten Mal anders übersetzt. Weder die Terminologie noch der Satzbau in den Dokumenten sind konsistent.

 

Szenario 2 – Nur TVS und TM im Einsatz, kein CMS

  • In diesem Fall wird strukturiert Terminologiearbeit durchgeführt. Hier liegt ein gut gepflegtes und richtig eingesetztes TVS vor. Die Terminologie in der ausgangssprachlichen Dokumentation ist konsistent.
  • Auch ein TM ist im Einsatz. Bereits übersetzte Segmente werden so wiederverwendet.
  • Eine Modularisierung bzw. Standardisierung liegt hier allerdings nicht vor.

Folge

  • Dies bedeutet, dass die Dokumente hinsichtlich Textaufbau, Satzbau, Zeichensetzung usw. nicht einheitlich gestaltet sind. Weder in der Ausgangssprache, noch in den Zielsprachen.
  • Die Dokumente werden nach jeder Revision oder Anpassung neu übersetzt, lektoriert, korrigiert etc.
  • Mögliche Varianten eines «eigentlichen» und hier nicht vorhanden Moduls führen zu unnötigen TM-Einträgen.
  • Hoher Zeitaufwand und hohe Kosten!

 

Szenario 3 – Kombination aus TVS, CMS und TM

  • Der Einsatz eines TVS sorgt sowohl in der Ausgangssprache als auch in den Zielsprachen für eine konsistente Terminologie.
  • Der Einsatz eines CMS führt zu einheitlichen Textbausteinen. Diese werden je Sprachenpaar nur einmal übersetzt.
  • Neue oder ähnliche Module profitieren vom sauberen TM-Inhalt.
  • Dies resultiert in effizientere und übersichtlichere Arbeitsprozesse, da redundante Übersetzungs-, Korrektur- und Lektoratsarbeiten ebenso wie unnötige Diskussionen und Missverständnisse entfallen.
  • Weniger Kosten, weniger Zeitaufwand und bedeutend höhere Qualität der finalen Dokumentation sind schließlich die Folgen

 

Ebenen dieser Interdependenzen
Diese gegenseitigen Abhängigkeiten lassen sich zudem in zwei Ebenen aufteilen.

Dabei handelt es sich sozusagen um «Aktionen und Reaktionen», die im Arbeitsprozess einen Kreislauf bilden.

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Abb. 3: Ebenen der Interdependenzen

Ebene I – Auswirkung der Datenbanken aufeinander

  • Aufeinanderfolgende Prozessabschnitte: 1. Terminologiearbeit (TVS), 2. Textproduktion inkl. Terminologieprüfung, 3. Modularisierung (CMS), 4. Übersetzungsprozess inkl. Lektorat und Korrektorat (TM) usw.

Ergebnisse

  • Qualität (z. B. sprachliche Mängel)
  • Volumen (z. B. Übersetzung in 20 Sprachen)

Folge

  • Ergebnisse aus dieser Ebene führen zu Ebene II

Ebene II – Rückwirkungen auf die Datenbanken

  • In der Technischen Redaktion erfolgen oft während oder am Ende der Arbeitsprozesse Rückmeldungen zum Inhalt und zur Qualität.
  • Diese führen zu nachträglichen Korrekturen: Sprachliche oder inhaltliche Mängel müssen in den jeweiligen Datenbanken korrigiert werde und wirken sich somit auf die Ebene I aus.
  • Rückwirkungen dieser Art sind für eine kontinuierliche Qualitätssteigerung und eine langfristige Kostensenkung zwingend erforderlich.

 

Inhalt und Grafiken © Azadeh Eshaghi