Diesen Beitrag widme ich einer, der mir meist gestellten Fragen, wenn ich zum Beispiel an einem der vielen Netzwerk-Anlässe, von meiner Arbeit und von Terminologiearbeit in Unternehmen erzähle.

Nach einer kurzen Vorstellungsrunde stossen wir an: „Und was machen Sie so beruflich?“ fragt mich der Herr im dunklen Anzug. „Ich bin selbständige Beraterin für Sprachprozesse in Unternehmen. Zum Beispiel unterstütze ich Unternehmen dabei, ihre Terminologie unternehmensweit zu vereinheitlichen.“ Mit weit geöffneten Augen schaut mich der Herr an und nickt zustimmend. „Ja,… das Problem kenne ich. Wir hatten da vor einigen Jahren so einen Fall mit unserem Wording im ERP-System und in der Dokumentation – Ein Chaos, sag’ ich Ihnen! Da hätten wir Sie gut gebrauchen können.“
Währenddessen gesellte sich eine andere Dame dazu, schätzungsweise in mittlerer Management-Position: „Ich habe Ihre Unterhaltung gerade mitbekommen. Sagen Sie,“ blickte sie mich interessiert an, „für welche Art von Unternehmen, ich meine, ab wie vielen Mitarbeitern lohnt sich eigentlich so eine Terminologiearbeit?

Allen Erläuterungen vorwegnehmend antworte ich, dass Terminologiearbeit grundsätzlich für ALLE Unternehmen lohnend ist, egal welcher Art und wie gross sie sind. Die einzige Frage ist, in welchem Umfang und nach welchem Konzept die Terminologie vereinheitlicht werden muss.

Aber wieder zurück zur gestellten Frage: Für wen lohnt sich Terminologiearbeit? Oder besser: Warum spielt die Zahl der Mitarbeiter oder die Branche des Unternehmens keine Rolle?

Entscheidend ist hier, ob das Unternehmen kommuniziert oder nicht. Persönlich bin ich allerdings noch keinem Unternehmen begegnet, das keinerlei Kommunikation betreibt. Vielleicht haben Sie da eine andere Erfahrung gemacht? Ich denke aber nicht.

Selbst ein Einmannunternehmen kommuniziert, vor allem mit den Kunden oder Lieferanten am Telefon, per E-Mail, aber auch via Webseite oder Broschüren. Das sind nur einige Beispiele, in denen die Kommunikation und somit die verwendete Sprache zum Tragen kommen.

„Entscheiden ist, ob das Unternehmen kommuniziert oder nicht.“

Was passiert nun, wenn unser Einmannunternehmer, nennen wir ihn Konrad Klug, keinerlei Wert auf einheitliche Terminologie legt? Dann verwendet Herr Klug höchstwahrscheinlich für seine Produkte unbewusst Synonyme:

Auf der Webseite und im Webshop haben sich unterschiedliche Schreibweisen für die Benennung seiner Produkte eingeschlichen. Für die Broschüren hat ihm die Marketing-Agentur gänzlich abweichende Benennungen vorgeschlagen.

Wenn er mit Lieferanten spricht, verwendet er aus Bequemlichkeit ständig Abkürzungen. Um bei Kunden mondäner zu wirken, zieht er Anglizismen vor. Wer soll da noch verstehen, was Herr Klug eigentlich anbietet?

Ständig ist er damit konfrontiert, Missverständnisse aus dem Weg zu räumen, während seine Kunden unterschwellig das Gefühl bekommen, dass Herr Klug selbst nicht richtig weiss, was er eigentlich tut und wovon er spricht. Langsam, jedoch kontinuierlich verliert er das Vertrauen seiner Geschäftspartner und Kunden. Hingegen könnte das Leben so einfach sein, denn eigentlich hat er fachlich viel zu bieten – nur mit klarer Kommunikation hat er gewaltige Probleme, und das, obwohl er keinen einzigen Mitarbeiter beschäftigt.

Die Frage, ob die Notwendigkeit von Terminologiearbeit branchenabhängig ist, lässt sich ebenso einfach beantworten.

Egal, ob Sie zum Beispiel im Maschinen- und Anlagenbau, in der Banken- und Versicherungswelt, in einer anderen Dienstleistungsbranche tätig sind. Wenn Sie nicht klar und einheitlich kommunizieren, stehen Sie früher oder später vor grossen Problemen.

Abgesehen von wirtschaftlichen Gründen, steigen in allen Branchen die juristischen Anforderungen stetig. Ob Schadensersatzansprüche verursacht durch Produkt- oder Personenschaden oder Verluste durch Fehlproduktionen, Fehlbestellungen, Fehlübersetzungen – fahrlässiges Unternehmertum wird bestraft. Hinzu kommt, dass Gesetze, Normen und regulatorische Vorgaben es uns heute nicht mehr erlauben schlendrianmässig zu handeln. Spätestens dann, wenn ein Manager, welcher eine CE-Konformitätserklärung unterschrieben hat oder der Geschäftsleiter wissen, dass sie für Schadensfälle privat haften, nehmen sie Fehlkommunikationen nicht mehr auf die leichte Schulter.

Mit diesem Bewusstsein erkennen Sie nun, dass Terminologiearbeit im Unternehmen kein „Nice-to-Have“ ist – jedenfalls nicht, wenn das Management eines Unternehmens über Qualititätsbewusstsein und Weitsicht verfügt.

Die gute Nachricht ist, dass die Unternehmen immer mehr „aufwachen“ und ein grösseres Bewusstsein für dieses Thematik entwickeln.

Ist dieses Bewusstsein erst einmal vorhanden, stellt sich die Frage, wie und in welchem Umfang die Terminologiearbeit im eigenen Unternehmen angegangen werden kann. Vor allem methodologische und konzeptionelle Fragen sind am Anfang relevant. Da jedes Unternehmen seine ganz individuellen Strukturen und seine eigene Arbeitskultur besitzt, muss auch das Konzept der unternehmensweiten Terminologievereinheitlichung individuell entwickelt werden.

Dabei geht es nicht darum, gleich zu Beginn möglichst komplexe Prozesse zu entwickeln. Gerade wenn die essenziellen Ressourcen (Zeit, Geld, Erfahrung und Knowhow in der Terminologiearbeit) begrenzt sind, ist eine schrittweise Terminologiearbeit im Unternehmen, welche auf gründlichen Analysen und fachmännischem Wissen aufbaut, von grösster Bedeutung, um langfristigen und kontinuierlichen Erfolg sicherzustellen.

Fazit:

  • Es stellt sich nicht die Frage, ob und für wen sich Terminologiearbeit lohnt, sondern nach welcher Methode, in welchem Umfang und mit welchen Zielen die verwendete Terminologie vereinheitlicht werden muss.
  • Ebenso ist zu beachten, dass es kein allgemein gültiges Rezept gibt, welches nach dem „Copy-Paste-Prinzip“ verwendet werden kann. Terminologiearbeit kann nur individuell konzipiert werden, da jedes Unternehmen seine speziellen Charakterzüge hat, welche in diesem Zusammenhang eine tragende Rolle spielen.
  • Terminologiearbeit ist kein Luxus-Projekt, sondern absolut notwendig.

Wünschen Sie weitere Erläuterungen oder meine Unterstützung, um die Terminologiearbeit in Ihrem Unternehmen neu zu implementieren oder zu optimieren?

Nehmen Sie Kontakt mit mir auf. Ich freue mich.